Donnerstag, 16. Januar 2025
Ein Blick auf den KMU-Anleihemarkt von Markus Knoss, BankM AG:
2024 ist Geschichte. Nach all den Jahresrückblicken geht der Blick wieder voraus auf die Trends und Themen der kommenden Monate. Denn wie sagte schon Walt Disney: „Die Zeiten und Bedingungen ändern sich so schnell, dass wir unser Ziel ständig auf die Zukunft ausrichten müssen.“
Ein farbenprächtiges Hollywood-Märchen voller Glück und Happy End prophezeit der Deutschen Wirtschaft für 2025 kaum jemand. Speziell mit Blick auf den Mittelstand bleiben die Erwartungen von Volkswirten und Analysten mehrheitlich eher trübe. Auch mit einer neuen Regierung wird sich an der absoluten und relativen Wachstumsschwäche so schnell wohl nichts ändern.
Zu tief ist der Strukturwandel, den wir aktuell erleben. Für DIHK-Chef-Analyst Volker Treier sind die gestiegenen Unternehmensinsolvenzen ein deutliches Warnsignal. Insbesondere dort, wo teils über Jahrzehnte zu wenig in Zukunftsfähigkeit investiert wurde, ist die Umstellung auf neue Energieträger und die Veränderung vieler Märkte problematisch. Kurzfristig können die entstandenen Defizite kaum ausgeglichen werden.
Fast geht es der Deutschen Wirtschaft so, wie der jungen Cécile, die sich zu Beginn des Romans Bonjour Tristesse fragt, ob sie je wieder glücklich sein kann. Doch so wie das Bild in der Verfilmung von 1958 von schwarz-weiß auf farbig wechselt und nach der Depression zunächst wieder Heiterkeit einsetzt, verstecken sich im Meer der Grautöne auch aktuell immer wieder bunte Farbakzente.
Impuls durch Schlüsselindustrien
Ich möchte das an zwei Schlüsselindustrien für viele KMU-Zulieferer veranschaulichen. Lassen Sie uns zunächst auf die Baubranche blicken. Hier hat der Immobilienmarkt die zyklische Wende endgültig vollzogen. Der in Branchenkreisen vielbeachtete Report des Immobilienmakler- und Immobiliendatenbankbetreibers Savills bestätigt sämtliche positiven Entwicklungen, die sich im Verlauf des vergangenen Jahres bereits angedeutet hatten.
So stiegen die Transaktionen bei Wohnimmobilien 2024 beispielsweise um 14%. Bei Neubau, Value-Add-Ansätzen und strategischen Käufen wurde sogar der höchste Anteil seit 2009 gemessen. Auch in Problemsegmenten wie den Gewerbe- und Büro-Immobilien haben sich die Preise zuletzt wieder stabilisiert und die verstärkte Nachfrage deutet auf eine Rückkehr von institutionellen und privaten Investoren hin.
Bei den Wohnmobilen wird sich dieser Trend sogar noch verstärken. Ebenso werden sekundäre Lagen wieder vermehrt nachgefragt. Insgesamt dürfte die Bautätigkeit durch die Auflösung an der Lieferkettenproblematik und den jüngsten Preisrückgang wichtiger Materialien im laufenden Jahr wieder an Schwung gewinnen. Von einer Belebung der Bautätigkeit quer über (fast) alle Immobiliensegmente profitieren nicht zuletzt die mittelständigen Handwerks- und Zulieferbetriebe.
Die Automobilbranche hat diesen positiven Umschwung noch längst nicht vollzogen. Doch nach all den Hiobsbotschaften der Hersteller und Zulieferer, findet auch hier langsam ein Umdenken statt. Nicht zuletzt auf politischer Ebene. Immer lauter wird der Ruf nach einem Abbau bürokratischer Hindernisse. Speziell bei EU-Präsidentin Ursula von der Leyen haben die Nachrichten aus „ihrem“ Bundesland Niedersachsen Wirkung erzeugt. Ich sehe für 2025 deshalb eine Abkehr vom „Green Deal“ voraus, mindestens aber eine „gesichtswahrende“ Abmilderung. All dies lässt mich an die positiven Wirkungen für die Gesamtwirtschaft der „Cash for Clunckers“ und Abwrackprämienprogramme denken.
Unterstützend zeichnet sich bereits jetzt eine Atempause beim Import von E-Autos aus China ab. Einerseits verantwortlich hierfür sind die (umstrittenen) EU-Einfuhrzölle. Aber auch die kaum mehr vorhandenen Gewinnmargen setzen den Herstellern aus dem Reich der Mitte zu. Dass viele chinesische Marken kein Geld verdienen, dürfte den Preiskampf auf dem heimischen E-Auto-Markt 2025 weiter verstärken. Eine Konsolidierung zeichnet sich ab, was den Druck auf die europäischen Hersteller vorerst mindern sollte.
25 bis 30 Emissionen möglich
In den USA steigen sämtliche Sentiment-Umfragen bereits jetzt deutlich an und auch der Ausblick auf den KMU-Kapitalmarkt fällt unter Berücksichtigung aller Nuancen nicht so grau aus, wie vielleicht zunächst befürchtet. So könnte im Anleihesegment ein Comeback der Immobilienemittenten bevorstehen. Neben Nahversorgern und Wohnungsbauern dürfen sich auch finanziell solide aufgestellte Projektentwicklung wieder Chancen bei Investoren ausrechnen.
Ähnliches gilt für Automobil- und Rohstoffzulieferer. Nicht auszuschließen, dass Industrial Goods am Jahresende die aktivste Branche im KMU-Anleihesegment stellen werden. Der Kapitalmarkt öffnet sich jedenfalls wieder stärker für den Mittelstand. Insbesondere wenn gleichzeitig ESG-Themen bedient werden. Einen echten Vermarktungsvorteil haben Green-Bonds aber nur dann, wenn parallel Struktur und Zahlen stimmen. Transparenz und Sicherheiten bleiben elementar, die Treuhänderthematik wird an Bedeutung gewinnen.
Getrieben von der Hauptwelle der Prolongationen rechne ich für 2025 mit insgesamt 25 bis 30 Emissionen. Während etablierte Emittenten auf leicht sinkende Kupons hoffen können, dürften die Zinsen für Debütanleihen stabil hoch bleiben. Dennoch hoffen wir natürlich auch 2025 erneut auf innovative und disruptive Erstemittenten. Unternehmen, die keine Angst vor der Zukunft haben, sondern ihre Ziele schon heute darauf ausrichten.
So wie die WeGrow AG. Nach der Anleihen-Premiere im November 2024, hat der Holzproduzent Anfang Januar ein neues modulares System vorgestellt. Aus nur drei Jahre alten Kiri-Bäumen können damit massive Holzgebäude entstehen. Komplett wiederverwertbar. Eine solche Symbiose aus Klimaschutz und Nachhaltigkeit wird auch 2025 an der Börse funktionieren.
Markus Knoss, BankM AG

Markus Knoss ist zugelassener Börsenhändler und Certified Investor Relations Officer und verfügt über jahrelange Erfahrung in verschiedenen leitenden Positionen im Aktienhandel, Salestrading und Portfoliomanagement. Der ausgewiesene Experte für Nebenwerte im deutschsprachigen Raum ist seit 2013 für die BankM AG tätig und verantwortlich für den Bereich Business Development DACH.
Portraitfoto: Markus Knoss,BankM AG
Titelfoto: pixabay.com (Symbolbild)
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